4/10 – In der Präsidentschaftskanzlei

Zur bevorstehenden Bundespräsidentenwahl werden Erinnerungen wach. Vor zirka ein einhalb Jahren waren Kurt und Seniorchefin Gertrud in der Präsidentschaftskanzlei am Ballhausplatz geladen.

Der Amtssitz des österreichischen Bundespräsidenten liegt seit 1946 im Leopoldinischen Trakt der Wiener Hofburg – benannt nach seinem Erbauer, Kaiser Leopold I. Dessen Enkelin, Maria Theresia, wählte sich diesen Burgflügel als Wohnsitz.

Über die Adlerstiege betritt man zunächst die zwei Bellariazimmer, in denen große Gemälde dominieren. Im ersten erblickt man Kaiser Leopold I, seine Gattin Margarita Teresa von Spanien und deren Sohn Kaiser Karl VI, im zweiten Maria Theresia und ihren Gemahl Franz I. Schließlich betritt man das Rosenzimmer, das als Hauptschmuck die sog. kaiserliche Vorstellungsuhr enthält – eine der schönsten Prunkuhren des Barock, mannshoch.

Der eigentliche Repräsentationsraum ist das Pietra-dura-Zimmer, dessen Wände mosaikartige Bilder aus geschnittenen Halbedelsteinen schmücken; die Sammlung ist mit Abstand die größte der Welt. Diese Technik des Florentiner Mosaiks wurde im 16. Jahrhundert in den Hofwerkstätten der Medici in Florenz entwickelt. Selbst die Schränke und Tische dieses Zimmers sind Florentiner Pietra-dura-Arbeit. Eine wahre Pracht.

Es folgen der Spiegelsaal und das Miniaturenkabinett. Im Maria-Theresien-Zimmer besticht eine hohe astronomische Standuhr aus Schildpatt, getriebenem Silber und geätzten Goldplättchen. An diesem Beispiel höchster Handwerkskunst kann man die Mondphasen, Sonnenstand, geographische Zeitunterschiede, ja sogar den Tagesheiligen ablesen. Damit die Kaiserin vom Bett aus die Zeit im gegenüber liegenden großen Spiegel ablesen konnte, ist das Ziffernblatt der Ortszeit verkehrt herum angeordnet und die Zeiger bewegen sich gegen den Uhrzeigersinn. Wenn man die damaligen großen Prunkbetten mit schweren dicken Samtbaldachins und -vorhängen bedenkt, äußerst praktisch.

Die anschließenden Räume der Hofseite des Leopoldinischen Traktes gehörten nicht mehr zur Wohnung Maria Theresias. Das mit grünem Stoff bespannte Jagdzimmer findet als Konferenzzimmer der Präsidentschaftskanzlei Verwendung. Nach dem Blauen folgt der Grüne Salon, der nun dem amtierenden Bundespräsidenten wie einst Josef II. als Arbeitszimmer dient – möge dessen Geist ihn beseelen!

Am Westende des Leopoldinischen Traktes erwartet den Besucher schließlich noch eine letzte Überraschung. Man öffnet eine vermeintliche Schranktüre und blickt hinab in die Josefskapelle, über mehrere Stockwerke hoch. Selbst nur wenige Wiener wissen von deren Existenz.

Alles in allem ein hochinteressanter Besuch, der über die österreichische und vor allem habsburgerische Geschichte lebendiges Zeugnis ablegt und das Herz unseres Historikers Kurt höher schlagen ließ.

Die Prunkräume des Steuerbüros Dr. Schönfelder bestehen allerdings aus Wänden voll mit Kodizes über das österreichische Steuerrecht – bei weitem nicht so schön, aber wertvoll für Ihre Steuererklärung.