10/07 – Die hohe Kunst der Falknerei
Der Ursprung der Falknerei und der Beizjagd liegt, schon vor unserer Zeitrechnung, in den asiatischen Hochsteppen. Dort, wo es kilometerweit keine Hecken, Sträucher oder andere Deckung gibt, war es dem Jäger nicht möglich, sich nahe genug an das Wild heranzupirschen. Dies versuchten die Steppenvölker mit dem lautlos jagenden Greifvogel auszugleichen. Der Erfolg dieser Jagdmethode sorgte dafür, dass sie sich schnell über alle Lande ausbreitete. Bald nahm die Beizjagd einen wichtigen soziokulturellen Charakter an.
Die Goten brachten die Falknerei nach Europa. Deren Hochblüte ist untrennbar mit Kaiser Friedrich II. von Hohenstaufen (1194 – 1250) verbunden. Kritischer als je ein Schriftsteller zuvor ging der Kaiser ans Werk und verband nach für seine Zeit ungewöhnlich eingehenden Forschungen altes mit neuem Wissen und hinterließ eines der umfassendsten Werke über die Ausbildung und die Jagd mit dem Falken. Auch heute noch ist sein Werk „de arte venandi cum avibus“ – „über die Kunst, mit Vögeln zu jagen“ ein Standardwerk in der Falknerliteratur.
Besonders erwähnenswert ist, dass es, schon bei den Merowingern und Karolingern (ab dem 5. Jh.) und auch später im Mittelalter, Damen gestattet war – als einzige Ausnahme übrigens – die Falkenbeize gleichberechtigt und gemeinsam auszuüben. Maria von Burgund, Gattin von Kaiser Maximilian I., oder die englischen Königin Elisabeth (1558 – 1609) waren begeisterte Falknerinnen. Eine besondere Stellung nahm die Falknerei in Russland unter Zar Alexei Michailowitsch (1643 – 1675) ein, der diese hohe Kunst leidenschaftlichst ausübte. Er kannte seine hundert Berufsfalkner alle persönlich und lies das größte russische Werk über Falknerei anfertigen.
Die Hochburg der österreichischen Falknerei war auf Schloss Laxenburg bei Wien. Die letzte große Hofbeizjagd wurde 1814/15 während des Wiener Kongresses veranstaltet. Es war eine der letzten Falkenjagden und Flugvorführungen mit Lippizanerpferden in verschiedenen Farben. Man musste die einhändige Reitweise mit spanischer Jagdkandare beherrschen, es wurden nur Hengste verwendet. Die Kongressteilnehmer waren begeistert!
Im Vormärz aber wurde es schließlich still um die Falknerei.
Der Greifvogel ist kein Haustier. Er kann niemals wie diese gezähmt werden – auch wenn er aus eigener Zucht stammt. Das Abtragen (= Abrichten) des Beizvogels ist daher keine Dressur und kann niemals durch Strafen oder Zwangsmaßnahmen erfolgen.
Die Vögel werden heutzutage nicht mehr der Natur entnommen, ausgenommen verletzte Tiere. Der Bedarf an Beizvögeln wird ausschließlich durch gezüchtete Vögel gedeckt. Die heutige Falknerei beschäftigt sich nicht nur mit der eigentlichen Jagd mit dem Vogel – sie betreibt gleichzeitig Verhaltensforschung, Greifvogelbiologie, Reproduktionsbiologie und Artenschutz, da sie wertvolle Arbeit bei der wissenschaftlichen Forschung sowie der schwierigen Zucht von gefährdeten Greifvögeln und ihrer Auswilderung leisten. Es waren Falkner, denen es erstmals gelang, den Wanderfalken, der in Deutschland bereits fast ausgestorben war, nachzuzüchten und wieder in die Natur einzusetzen.
Die Beizjagd ist eine besonders naturgetreue und damit ökologische Jagd, weil sie genauso abläuft wie die Jagd wilder Greifvögel. Beutegreifer und Beutetier haben dieselbe Chancengleichheit wie in der Natur. Den Verlauf der Jagd bestimmen Kraft, Geschicklichkeit und Ausdauer von Greifvogel und seiner Beute.
Der Falkner nimmt an einem echten und unverfälschten Naturerlebnis teil und wird in ursprüngliche Naturvorgänge aktiv eingebunden. In diesem Zurückkehren in die Natur liegt tatsächlich die eigentliche Faszination der Beizjagd.
Falkners Heil!
Informationen zur Falknerei und Greifvogelkunde: